Viel Suchen wirbelt Staub auf
(Afrika)
Ein Mann ging in den Wald, um Holz zu
fällen. Er sucht nach Bäumen, die gutes, gesundes Holz hatten, aber er konnte
keine Finden. Schließlich erstieg er einen hohen Felsen, und von ihm aus sah
er, was er suchte. Da nahm er einen großen Stein und rollte ihn hinab auf den
Baum zu. Der Stein rollte in die Tiefe und schreckte einen Bock auf, welcher im
Busche lag und schlief. Der Bock lief tiefer hinein in den Busch und traf auf
einen Büffel. Der sprang auf, denn er fürchtete sich vor dem Bock. Ein Mann
aber jagte in demselben Busch. Als der Büffel ihn sah, tötete er ihn. Kaum war
der Mann tot, so versammelten sich Aasvögel an der Stelle. Da die Menschen von
weither die Vögel in der Luft schweben sahen, liefen sie eilends hinzu, um zu
sehen, was geschehen sei. Da fanden sie den toten Mann, konnten aber nicht
sehen, was seinen Tod veranlasst hatte. Sie standen um den Leichnam herum und
fragten einander: "Woran starb dieser Mensch?"
Plötzlich gewährten sie den Abdruck
des Fußes des Büffels. "Ein Büffel hat ihn getötet", riefen sie.
"Woher kam der Büffel?" fragten sie dann. Und sie fanden, dass er aus
dem Busch gekommen sein müsse. "Warum kam er aus dem Busch?" fragten
sie wieder. Da gewährten sie die Fährte des Bockes. "Woher kam der Bock,
als er den Büffel erschreckte?" fragten sie. "Er kam aus diesem
Busch!" – "Was aber hat den Bock aufgejagt?" Sie sahen en großen
Stein und fragten weiter: "Woher kam der Stein, als er den Bock
erschreckte?"
"Von jenem Felsen!" lautete
die Antwort. "Und was hat den Stein ins Rollen gebracht?" – "Ein
Mensch! Denn er suchte nach einem Baume zum Fällen und rollte den schweren
Stein gegen jenen Baum, dass er ihn umwürfe." Sie sprachen weiter:
"Warum musste er gerade diesen Baum fällen? Es wären eine Menge anderer
Bäume da. Warum musste er Dinge, die in Ruhe und Frieden waren, stören?"
Seitdem gibt es in Betschuanaland ein
Sprichwort:
"Viel
Suchen wirbelt viel Staub auf!"
Vom Himmel
kommst du
(Afrika)
Es war einmal
ein Mann, der hatte einen erwachsenen Sohn.
„Höre“, sprach er eines Tages zu seinem Sohn,
„du bist nun alt genug, du musst heiraten.“ –
„Gern“, erwiderte der Sohn, „aber ich nehme kein
Mädchen von der Erde, wenn ich einmal heiraten
soll, so darf es nur eine Tochter der Frau Sonne
und des Herrn Mond sein.“ Da schüttelten alle
Leute den Kopf, denn wer kann wohl zum Himmel
hinaufsteigen, in dem die Tochter von Sonne und
Mond ihre Wohnung hat! Er aber bestand auf
seinen Willen, schrieb einen Heiratsantrag an
den Vater des Himmelsmädchens und gab ihn dem
großen Antilopenbock. „Bring den Brief hinauf!“
– „Ich kann nicht bis zum Himmel kommen“, sagte
der . Ebenso lehnten die kleinen Antilope, der
Habicht, der Geier ab. Da kam der Frosch und
erklärte sich bereit, den Brief zu bestellen.
„Ach, geh“, spottete der Jüngling, „Wenn die
Vögel mit ihren Flügeln nicht zum Himmel kommen
können, kannst du es ganz gewiss nicht. „Oh
doch, ich kann es“, beharrte der
Frosch.
Nun pflegten
die Töchter des Himmels an Spinnwebfäden zur
Erde niederzusteigen, um aus einem Brunnen
Wasser zu schöpfen. Der Frosch wusste das,
kletterte mit dem Brief im Maul in den Brunnen,
wartete still, bis die Mädchen kamen und einen
Krug hinunterließen, schlüpfte in den Krug und
ließ sich so zum Himmel hinauf tragen. Dort
legte er den Brief auf den Tisch und versteckte
sich. Nach einer Weile kam der Mondvater und
fand den Brief. Niemand konnte ihm sagen, wie
der Brief dahin gekommen war. Er las ihn, las
den Heiratsantrag und schüttelte den Kopf: „Der
Mensch lebt auf der Erde und ich lebe im Himmel,
wo kann der sein, der diesen Brief brachte?“ Er
konnte das nicht verstehen.
Der Frosch
schlüpfte nun wieder in den Krug, ließ sich von
den Himmelsleuten, als sie das nächste Mal zum
Wasserschöpfen gingen, zu seinem Brunnen tragen
und meldete dem Jüngling, dass er die Botschaft
ausgerichtet hatte. Der glaubte ihm nicht und
schrieb einen zweiten Brief an den Mondvater, er
möge ihm antworten und den Heiratsantrag
annehmen oder ablehnen. Der Frosch trug diesen
Brief auf dieselbe Weise zum Himmel wie den
ersten. Wieder fand ihn der Mondvater, und
dieses Mal schrieb er eine Antwort: „Ich bin
einverstanden und will dir meine Tochter zu frau
geben, aber erst muss ich dich kennen lernen,
komm selbst zu mir und bringe mir das übliche
erste Geschenk.“ Der Frosch trug diese Antwort
zur Erde und brachte sie abends, als es dunkel
geworden war, dem Jüngling. Der staunte sehr,
freute sich über die Maßen und gab dem Frosch am
nächsten Morgen etwas Geld als Geschenk für den
Schwiegervater und einen Brief mit, in dem er
mitteilte. Er schicke die erste Brautgabe, müsse
aber selbst noch zu Hause bleiben, um den Rest
der Summe zusammenzubringen. Brief und Geld
kamen auf dem üblichen Weg in die Hand des
Mondvaters, der weiteres Geld forderte und dem
Schwiegersohn aufgab, sich die Braut aus dem
Hause der Eltern zu holen. Der Jüngling wusste
keinen Ausweg, aber der Frosch half ihm über
diese Schwierigkeit, er ließ sich wieder in den
Himmel hinauftragen, schlich sich nachts zur
Sonnentochter und nahm ihr beide Augen heraus.
Als sie morgens erwachte, konnte sie nicht
sehen, die Eltern jammerten sehr und holten
einen Doktor, er möchte doch ihre Tochter wieder
gesund machen. Der Medizinmann nahm seine
Wahrsagehölzer zu Hilfe und sah, dass das
Mädchen durch eine magische Medizin seines
Verlobten krank gemacht worden war und zu ihm
gebracht werden musste, wenn es geheilt werden
sollte. Die Eltern willigten ein, denn sie
hatten ihr Kind lieb, und der Mondvater
bestellte bei der Spinne einen langen Webfaden,
der bis zur Erde reichte, um daran das Mädchen
herunterschaffen zu können. Der Frosch brachte
dem Jüngling die gute Nachricht und wartete am
Brunnen auf die Himmelstochter, die dann auch am
Abend von ihren Leuten mit Spinnwebfäden
heruntergebracht und dort allein zurückgelassen
wurde. Er gab ihr die Augen wieder und führte
sie zum wartenden Bräutigam. So heiratete der
Sohn des Kimaunaeze die Tochter von Mutter Sonne
und Vater Mond.
Niemand aber
hatte zum Himmel emporsteigen können, nur der
Frosch konnte es.
Wie der Tod
in die Welt kam
(Afrika)
Die Erde, der
Mond, die Sterne und die Sonne sind immer
gewesen, aber der Tod war nicht immer in der
Welt.
Vor langen,
langen Jahren kamen zu den Menschen zwei Boten,
die ihnen der große Geist geschickt hatte, dem
Himmel und Erde gehören.
Es waren das
Chamäleon und der Salamander.
Der große
Geist hatte zu dem Chamäleon gesagt: „Gehe hin
und sage den Bewohnern der Erde, sie sollen
glücklich sein und ewig
leben.“
Dem
Salamander aber hatte er befohlen: „Eile zu den
Menschen und sage ihnen, dass sie sterben
müssen.“
Da machten
sich diese Boten des Glückes und des Unglückes
auf den Weg, um dem Befehle des großen Geistes
zu gehorchen.
Ohne nach
rechts und links zu blicken, eilte der
Salamander dahin, und als er zu en Menschen kam,
sprach er: „Was seid ihr so sorglos? Wisst ihr
nicht, dass ihr sterben
müsst?“
Da erschraken
die Menschen sehr, denn nun lernten sie die
Sorge und den Tod kennen.
Das Chamäleon
aber war von seinem Wege abgekommen, hatte hier
eine Fliege und dort ein Insekt gefangen, und
als es sich seines Auftrages erinnerte, war es
spät geworden. Als es zu den Hütten der Menschen
kam, fand es dort schon den Salamander vor und
mit ihm die Sorge und den Tod.
Der kluge Arzt oder die
Todesfurcht
als
Heilmittel
(Afrika)
Es war einmal
in alten Zeiten in Bagdad eine Frau, die war so
dick, dass sie nicht gehen konnte. Und an einem
Tage von den Tagen fasste sie einen Entschluss
in ihrem Herzen und entschloss sich, zu einem
Arzt zu gehen, um Medizin für ihre
Fettleibigkeit zu suchen. Und sie ging bis zu
dem Hause des Arztes. Und als sie dort
angekommen war, lud der Arzt sie ein, näher zu
treten, und sagte zu ihr: "Tritt
näher!"
Und sie
setzte sich hin. Und er fragte sie, wie es
ginge. Die Frau antwortete ihm: " Es geht alles
gut; ich bin zu dir gekommen, dass du meinen
Zustand ansehest."
Und er fragte
sie: "Was hast du denn?" Die Frau antwortet ihm
und sagte: " Ich wünsche, dass du mir eine
Medizin für diese meine Fettleibigkeit machst."
Der Arzt sagte ihr: " Wenn Gott will; aber ich
muss zuerst das Orakel befragen, damit ich sehe,
welche Medizin für dich passt; und du gehe jetzt
nach Hause zurück; morgen komme wieder und hole
deine Antwort!"
Und die Frau
sagte: "Wenn Gott will!" und ging nach Hause. Am
folgenden Tag kam sie wieder, um die Antwoet zu
holen. Der Arzt sagte ihr: " Geehrte Frau, ich
habe in dem Buche nachgesehen und habe gefunden,
nach sieben Tagen wirst du sterben; gut, so
bitte ich dich, du hast keine Medizin nötig, da
du so bald in sieben Tagen sterben
wirst."
Als die Frau
die Worte des Arztes hörte, fürchtete sie sich
in ihrem Herzen und dachte, sie würde sterben,
und kehrte nach Hause zurück, aß nicht, trank
nicht und war sehr betrübt und wurde sehr mager.
So erreichte sie nun die sieben Tage, aber sie
starb nicht. Sie erreichte den achten Tag, aber
sie starb nicht. Da ging sie zum Arzt und sagte
zu ihm: " Heute ist der achte Tag, und ich bin
nicht gestorben."
"Bist du nun
dick oder dünn?" Sie sagte: "Ich bin
dünn, ich bin vor Todesfurcht ganz abgemagert."
Der Arzt sagte zu ihr: " Das eben war die
Medizin, die Furcht."
Und die Frau
ging von ihm weg! Und Gruß!
Geschichte
von Seliman bin Daud
(Afrika)
Während
Seliman bin Daud herrschte, gab Gott ihm die
Fähigkeit, die Sprache der Vögel zu verstehen
sowie aller Tiere, die auf dem Land und im Meere
und in den Flüssen leben, ferner die Sprache der
Winde und der Bäume, der Geister und der Fische
in den Binnengewässern und im Meere. Darauf übte
jener Sultan Seliman bin Daud seine Kunst bei
seinen Leuten aus. Um Häuser für seine Soldaten
zu bauen, befahl er allen Tieren des Landes,
herbeizukommen und Arbeit zu leisten, Steine und
Lehm zu tragen. Der Elefant sagte ihm: "Ich bin
ein König, ich arbeite nicht, ich werde jedoch
meine Leute zu dir schicken, um für dich zu
arbeiten."
Die Leute des
Elefanten kamen und schleppten Steine und Lehm
heran, die Geister richteten das Grundstück her,
auf welchem das Soldatenhaus gebaut werden
sollte. Auch die Vögel und ihr König der
Wiedehopf wurden gerufen zu kommen und für ihren
Teil Häuser zu bauen. Da rief de3r Wiedehopf
alle Vögel herbei und sagte, sie sollten selber
an ihren Häusern arbeiten. An jedem Gerichtstag
kamen alle Vögel, um die Rechtssprechung
anzuhören, ebenso die Geister und alle Tiere
kamen, um die Urteile zu hören. Am Gerichtstag
kamen die Elefanten, um gegen den Propheten
Seliman Klage zu führen, sie verklagten ihn vor
dem Propheten Daud und sagten zu ihm: " Dein
Sohn hat uns Tieren allen Arbeit gegeben; nun
aber werden wir allein zum Arbeiten verwandt,
alle Tiere werden nicht dazu
angehalten."
Da wurde das
Kamel gerufen, und es wurde ihm gesagt: " Morgen
übernimmst du die Arbeit des Elefanten." Das
Kamel antwortete: " Meine Arbeit besteht darin,
Milch zu geben, die trinken die Arbeiter."
Dann wurde
das Rind gerufen, es sagte: " Ich gebe Milch,
die trinkt der Prophet
Seliman."
Darauf wurden
die Esel gerufen, und es wurde ihnen gesagt: "
Eure Arbeit besteht darin, Steine und Lehm zu
tragen." Die Esel waren damit einverstanden; der
Elefant wurde entlassen. Lange Zeit arbeiteten
die Esel. Da wurden sie müde und sagten zu dem
Rind: "Wir sind sehr müde infolge der Arbeit,
aber wir fürchten uns, dem Sultan die Wahrheit
zu sagen, drum wollen wir jetzt von dir einen
verständigen Rat."Das Rind antwortete dem Esel
und sagte: " Ich werde dir einen klugen Rat
geben, aber du darfst davon bei keinem anderen
Menschen reden; wenn du ihm davon sprichst, dann
verrätst du mich beim Sultan. Wenn morgen früh
die Wärter kommen, dann stellt ihr Esel euch
alle krank."
Der Sultan
hatte den Rat gehört, welchen das Rind dem Esel
gegeben hatte. Als am anderen Morgen die
Eselwärter kamen, schliefen alle Esel und
stellten sich krank. Die Wärter gingen zum
Sultan zurück und berichteten ihm, die Esel
wären alle krank. Der Sultan befahl, dass alle
Rinder dazu verwandt werden sollten, Steine und
Lehm zu tragen. Da fragten der Sohn des Sultans
und seine Ratgeber: " Warum schleppen die Rinder
Stein und Lehm?" Der Sultan antwortete: "Warum
fragt ihr mich?" Sie erwiderten: "Woher werden
wir Milch zum Trinken bekommen?" Der Sultan
sagte: "Ihr werdet Kamelmilch
trinken!"
Das Rind
wurde schon einen Monat in der Arbeit verwandt:;
es war sehr betrübt und sagte zum Esel: "Du bist
mein Freund, ich habe dir einen klugen Rat
gegeben; stehe morgen auf und nimm mir die
Betrübnis ab, in der ich mich befinde." Der Esel
gab keine Antwort und stellte sich krank. Da
wurde das Rind weitere sieben Tage zur Arbeit
verwandt. Dann sagte es zu dem Esel: "Ich habe
gehört, wie der Sultan sagte, dass du morgen
geschlachtet wirst, wenn du nicht aufstehst."
Als der
Sultan, der gerade mit seiner Frau zusammen war,
die Worte des Rindes hörte, lachte er. Da fragte
ihn seine Frau: "Warum lachst du?" Ihr Mann
antwortete ihr: "Ich lache wegen nichts." Seine
Frau erwiderte und sagte: "Gewiss ist es etwas,
weswegen du gelacht hast." - "Ich habe an
die Dinge der Welt gedacht." - "Sage mir, an
welche Dinge du gedacht hast." Der Sultan
schämte sich in seinem Innern, gelogen zu haben;
und sein Weib sagte: "Wenn du mir nicht den
Grund sagen kannst, um dessentwillen du gelacht
hast, dann wirst du mich freigeben, ich will
dich nicht mehr."
Aber der
Sultan liebte seine Frau sehr und sagte ihr:
"Ich will sieben Tage Frist, dann werde ich dir
die Antwort geben."Seine Frau entgegnete: "Damit
bin ich nicht einverstanden; du wirst mich
freigeben." Und der Prophet Seliman antwortete:
"Warte, bis ich zwei Begegnungen gebetet habe,
dann werde ich dir sagen, weswegen ich gelacht
habe."
Als er
gebetet hatte, rief er alle Tiere und alle
Fische, alle Menschen und alle Wassertiere und
sagte zu ihnen: " Ich habe mich mit meiner Frau
gezankt und will, dass ihr es einrichtet, dass
wir uns wieder vertragen." Die Leute sagten zu
der Frau des Sultans: "Versöhne dich mit deinem
Manne!" Aber die Frau wollte nichts davon wissen
und sagte: " Wenn er will, dass wir uns
versöhnen, dann muss er mir sagen, warum er
gelacht hat."
Der Sultan
aber fürchtete sich vor Gott, welcher ihm einst
gesagt hatte: " Wenn du zu einem Menschen von
der Fähigkeit redest, welche ich dir verliehen
habe, nämlich die Sprache der Vögel und aller
Tiere auf dem Land und im Wasser zu verstehen,
dann wirst du sterben."
Den Leuten
gelang es nicht, sie zu versöhnen. Da rief der
Sultan alle Vögel, aber auch sie hatten keinen
Erfolg. Alsdann rief er alle Wassertiere, doch
auch sie unterlagen. Da verlor der Sultan den
Verstand, und alle Menschen und Tiere und alle
Wesen auf der Welt trauerten, dass ihr Sultan
sterben würde. Als dann der Morgen anbrach,
krähten die Hähne. Als der Sultan sah,
dass der Hund die Hähne fasste, fragte er ihn: "
Warum frisst du die Hähne?" Der Hund antwortete
und sagte: "Diese Hühner schämen sich nicht.
Jedes Wesen auf der Welt trauert, dass du
sterben musst, Sultan, der Hahn aber kräht, er
liebt dich nicht, Sultan."
Der Hahn
sprach: "Der Sultan hat keine Vernunft, ich habe
viele Frauen und bin der einzige Mann unter
ihnen; wenn eine einzige übermütig wird, dann
schlage ich sie; den Sultan aber kriegt eine
einzige Frau unter, und er will sterben wegen
seiner Frau. Wenn er einen Stock nähme, und sie
prügelte, dann würde sie bereuen und nicht mehr
wissen wollen, weshalb er gelacht
hat."
Als der
Sultan das hörte, nahm er einen Stock und schlug
seine Frau; die aber sagte: " Ich bereue, ich
will nicht wissen, warum du gelacht
hast."
Und alle
Leute freuten sich, dass ihr Sultan gesund wurde
durch den Verstand des Hahnes.
Das Schwein
und der Mensch
(Afrika)
Es war einmal
ein Schwein, das wohnte in einer Höhle mit
seinen Kindern. Nun regnete es, und da ging das
Schwein hinaus mit seiner Frau, und sie kamen an
ein Maisfeld. Sie lauschten, aber der
Feldwächter war da und war wach. Da stiegen sie
am Berge herunter und trafen einen Mann, der
auch wachte. Aber dieser Alte hatte eine Frau,
die rührte Brei drinnen in der Feldhütte . Ihr
Kind war bei ihr, und sie schickte es hinaus und
sagte zu ihm: "Dein Vater ist gerade dort
draußen, du kannst ruhig hinausgehen, denn er
sieht dich, und du kannst mir von unseren
Kürbissen einige holen." Aber das Kind sagte:
"Dort draußen ist es finster, ich gehe
jedenfalls nicht hinaus." Aber es hieiß:
"Doch! Dein Vater ist dort draußen." Trotzdem
wollte das Kind nicht, und da es sich weigerte,
nahm die Frau einen Stock und schlug es.
Da fragte der
Vater draußen das Kind: "Du, Hamba, warum wirst
du so geschlagen?" - "Ach, ich wollte die
Kürbisse nicht holen." Das Kind ging weinend
hinaus, und die Mutter fluchte ihm und sagte:
"Du, Kind, Du, ein Schwein soll dich greifen,
gebissen sollst du werden!" Der Mann aber sagte
zu seiner Frau: "Warum fluchst du dem Kinde denn
so? Wenn dein Mund dich nicht an eine gute
Stelle bringt, wird er dich ins Unglück
bringen!" Aber zu dem Kinde, das weinend
wegging, sagte der Vater: "Lass nur, ich will
sie schon holen."
Das Kind ging
weinend dorthin auf das Feld und suchte mit den
Füßen nach den Kürbissen und brach einen Kürbis
ab. Nun lag aber das Schwein an dem Platz, wo
die Maishüllenlagen, es sprang auf und stieß
jenes Kind, dass es schrie. Die Frau im Hause
hörte es sofort und der Mann sagte zu der Frau:
" Du redest nur so hin, aber das, was du gewollt
hast, worauf du dich gefreut hast, das ist nun
geschehen. Aber ich gehe nun nicht hin um das
Kind zu befreien. Du hörst ja doch nicht, wenn
dir auch oft gesagt ist, dass das Fluchen
schlecht ist."
Der Mann
hatte indes Mitleid mit seinem Kinde und nahm
einen Speer. Die Frau aber fing an zu weinen. Er
ging nun an der Berglehne entlang mit seinem
Speer, und die Schweine polterten davon. er
hatte aber seinen Sohn am Arm und brachte ihn
hin zur Feuerstelle. Als die Frau herauskam, da
besah sie das Kind und fand, dass es sehr in den
Fuß gebissen war. Der Mann sagte nicht ein Wort,
er war böse und schwieg. Sie aber schrie, und es
kamen Männer auf ihr Geschrei und fragten
ihn, aber er sagte: 2Leute, ich kann nicht
reden, fragt nur die Frau da." Die Frau aber
konnte auch nicht reden, als sie gefragt wurde,
sie weinte nur. Da sagte der Mann zu seinen
Genossen: "Diese Frau hat das Kind verflucht,
als es aufs Feld hinausging, und nun ist es von
einem Schwein gebissen."
Mit den
Leuten war ein alter Mann gekommen und der sagte
zu ihm: "Ach, Freund, rede doch nicht so; gegen
dich, den Vater dieses Kindes hat sich ein
Ahnengeist erhoben, sollte das Kinhd davon
sterben, dass man ihm nur flucht?" Und seine
Genossen sagten: "Nein!" Der Alte fuhr fort:
"Unser Frteund möge genau zusehen bei seinem
Geschlecht, er hat gewiss einen bösen
Ahnengeist." Und der Mann antwortete: "wenn
diese Schweine nicht einen bösen Ahnengeist
haben, dann werden sie nicht kommen und dies
Kind nur so zufällig beißen."
Dann gingen
sie zum Schlafen an die Furt und in der Furt war
eine große Steinplatte. Aber der Vater des
Kindes war eigensinnig und ging nicht hin, das
Feld zu bewachen. Die anderen Männer passten
dagegen den Schweinen auf, wie sie auf der
Felsplatte oben zum Vorschein kamen. Sie
schossen mit Pfeilen nach ihnen, aber sie trafen
nicht. Ein Schwein war ganz zurück geblieben,
und als es dort auf der Steinplatte ankam,
umzingelten sie es, und es stieg auf einen
Felsen und stürzte in den Wasserfall. Da sagte
der Mann, dessen Kind gebissen war: "Das Schwein
ist von dem Felsen gestürzt." Als er zu seinen
Freunden kam, meinte er: "Der Ahnengeist tötet
zwar, aber er macht es wieder gut. Mein Kind ist
gebissen und nun ist dies Schwein, das
abgestürzt ist, auch von dem Ahnengeist
geschickt."
Als sie
herumgingen, da trafen sie es, wie es in einem
Wasserloch um Fluss herumschwamm und nicht
herauskommen konnte. Da rief man den Mann: "
Komm und sieh, das Tier ist ins Wasser gestürzt,
da ist es. Wenn dir dein Kind leid tut, dann
gehe hinein und erstich das Tier." Er sagte zu
seinen Genossen: "Leute, ich will hineingehen
und es am Hinterbein fassen, wenn ich es dann
herausbringe, will ich es erstechen." Er griff
es am Hinterbein und zog es heraus, aber als er
es in den dichten Busch heraus bringen wollte,
biss es ihn in den Fuß. Unter den Freunden war
sein Schwager, der rettete ihn und erstach das
Schwein. Die andern Leute aber alle entflohen.
Als es tot war, da kamen sie an und sagten zu
dem Manne: " "Nun Freund, wie ist es mit deinem
Ahnengeist?" Da schwieg er still und sann nach
und meinte dann: 2 Ach, ihr Leute, das ist lange
her, mein Vater war noch nicht gestorben; da
befahl er mir ausdrücklich: "Gehe niemals auf
die Schweinejagd und iss niemals etwas vom
Schwein!" Aber ich habe es vergessen und habe
den Schweinen aufgelauert, und auch mein Kind
ist von meinem Vater getötet." Einer der Männer
fragte ihn: "Was war denn deinem Vater begegnet,
als er dir das damals befahl?" Er sagte: "In
alter Zeit hatten wir dort hinter dem Hause
unser Bananenfeld, da starb mein Großvater und
wurde in dem Bananenfeld hinter dem Hause
begraben. Vier Tage vergingen, am fünften ging
mein Vater hin, um das Grab zu besehen. Als er
ankam, war die Erde aufgerissen, und er wunderte
sich darüber und sagte zu Hause zu den andern: "
Leute, das Grab ist aufgerissen." Da war eine
alte Frau, die sagte zu den jungen Leuten: "Geht
nicht gleich hin heute, um das Grab
zuzuschütten, ihr wisst ja nicht, auf welchen
Wege die Verstorbenen wandeln." Also so war es.
Als dann fünf Tage vorüber gegangen waren, da
war das Loch sehr groß geworden, und als sie
genau zusahen, fanden sie Spuren von Schweinen,
und die Leiche war verschwunden, es waren nur
Knochen da. Aber die alte Frau sagte: "Seht ihr
wohl, was ich euch gesagt habe? Sie sind
gekommen, um sich ihren Mann zu
holen."
Sie gingen
zurück nach Hause, und als sie ankamen, sagte er
zu seinen Freunden: "Ich muss doch denken, dass
der Ahnengeist die Ursache des Unglücks ist, ein
Fluch genügt doch nicht, um einen Menschen zu
töten."
Das goldene
und das silberne Kind
(Afrika)
Niame, der
mächtigste Hexenmeister lebte in einem
Bauernhof, der auf einem sanften Wolkenteppich
lag. An einem
schönen Tag entschied er sich zu heiraten. Er
befahl den vier schönstens Frauen des Dorfes zu
ihm zu kommen und fragte jede von ihnen: "Was
würdest Du für mich tun, wenn ich Dich zur Frau
nähme? "
Die erste, die
Acoco hieß sagte: "Ich würde den Fußboden kehren
und auf das Haus aufpassen".
Die zweite sagte: "Ich
würde für Dich jeden Tag etwas ganz besonders
kochen".
Die dritte
sagte: "Ich würde Dir Berge von Baumwolle
spinnen und täglich frisches Wasser vom Brunnen
holen.".
Die vierten
sagte: "Ich würde Dir einen goldenen Sohn
geben."
Natürlich,
wählte Niame die letzte Frau und befahl, mit den
Vorbereitungen zur Hochzeit zu beginnen.
Acoco war
überhaupt nicht mit dieser Entscheidung
einverstanden: Sie war neidisch und
eifersüchtig. Trotzdem versteckte sie sich ihre
kleinlichen Gefühle und wurde Dienerin der
Braut. Das Ehepaar lebte glücklich und der
goldene Sohn hatte schon eine Wiege, die auf ihn
wartete, als Niame eines Tages zu einem seiner
Besitztümer reisen musste. Und als Niame noch
unterwegs war, brachte die Königin Zwillinge auf
die Welt: ein goldenes und ein silbernes
Kind.
Während die
Königin schlief, nahm Acoco die Zwillinge,
schloss sie in einem Strohkörbchen ein und
flüchtete mit ihnen zum Wald. Dort versteckte
sie den Korb in dem Loch eines
Baumstammes.
In die Wiege
legte sie statt der Kinder zwei Frösche. Als
Niame zurückkam, rannte Acoco zu ihm und sagte:
"Beeilen Sie sich. Schauen Sie ihre Kinder an!"
Niame beeilte sich, aber als er in der Wiege
solch hässliche Tiere sah, war er sehr
enttäuschst. Er befahl, Frösche zu beseitigen
und schickte die Königin ins Exil auf eine Hütte
am Ende seines Königreiches.
Zum Glück
wurden die Kinder von einem Jäger gerettet, der
das Körbchen im Loch des Baumstammes fand. Der
Jäger öffnete das Körbchen und bewunderte die
zauberhaften Kinder. Er war sehr arm, trotzdem
nahm er, die Kinder mit nach Hause und zog sie
auf, ohne jemandem zu sagen, wo er die Kinder
gefunden hatte.
Die Zwillinge
wuchsen und waren gesund und stark. Sie hatten
einen guten Charakter und waren sehr geschickt.
Als der Jäger Geld brauchte, nahm er goldenes
und silbernes Pulver, dass ständig von den
Kindern herab fiel. Dann ging er zur Stadt und
kaufte dort alles was er brauchte. Langsam wurde
er reich und zog in einen größeren Bauernhof.
Eines Tages
erfuhr er zufällig, dass die Kinder Söhne des
Königs waren.
Trotz großer
Traurigkeit, entscheidet er sich, die Kinder zu
ihrem Vater zu bringen. Als er zum Hof des
Königs kam, rief er ihn und sagte: " Schauen Sie
mal welche Übungen, dieses silberne Kind machen
kann!" Niame bewunderte die Geschicklichkeit des
Jungen.
Währen das
Kind turnte, sang das goldene Kind mit seiner
wunderschönen Stimme und erzählte seine eigene
Geschichte: das Versprechen seiner Mutter, die
böse Acoco und der gute Jäger, der sie als seine
eigenen Kinder annahm.
Niame war
erstaunt und erschüttert. Er umarmte die Kinder,
befahl, seine Frau aus dem Exil zurückzuholen
und wies die Sklavinnen an, sich die Haare zu
kämmen und ihr Festtagsgewand anzuziehen.
Danach suchte
er Acoco, verwandelte sie in ein Huhn und stieß
es zur Erde. Zum Schluss lobte er den Jäger und
gab ihm Geschenke.
Bis heute
baden sich die Söhne Niames in dem großen Fluss,
der als Wasserfall zur Erde fließt. Und so
gelangt auch ein bisschen vom ihren goldenen und
silbernen Pulver zu uns, und wer das Glück hat,
es zu finden wird reich werden.
Das Märchen
von der verlorenen
Schwester
(Afrika)
Es war einmal
ein Bruder und eine Schwester. Die lebten
zusammen in einer Hütte. Der Bruder hieß
Wagatscharaibu, und die Schwester hieß Mweru.
Wagatscharaibu war sehr schön, besonders hatte
er sehr lange Haare, und die Mädchen liebten ihn
sehr. Wenn er fort war von zu Hause, um seine
Freunde zu besuchen, dann war Mweru allein. Und
einmal sagte sie ihm, er möchte sie nicht so
viel allein lassen, denn in der Nacht wären drei
Männer gekommen mit drei Speeren und drei
Keulen, und sie fürchtete, die drei Männer
würden wiederkommen und sie rauben. Aber
Wagatscharaibu lachte darüber und ging doch
wieder aus. Und in der Nacht erschienen wirklich
wieder die drei Männer, ergriffen die Mweru und
nahmen sie mit. Als Wagatscharaibu nach Hause
kam, fand er die Hütte leer und hörte nur aus
der Ferne die Stimme der Schwester, die um Hilfe
rief. Er erwiderte ihren Ruf und sagte: "Wer
wird mir nun meine Haare auf dem Vorderkopf
scheren, da du weg bist? Wir haben doch keine
Nachbarn!" Und er stürzte sich in das hohe Gras,
um seiner Schwester zu folgen. Er hörte auch
immer ihr Rufen, aber er konnte sie nicht
erreichen. Als er einen Monat lang gegangen war,
wurde er hungrig. Er trug aber einen großen Hut
aus einem Stück Leder und fing an, den Hut
aufzuessen. So ging er monatelang hinter seiner
Schwester her, und als sein Hut aufgegessen war,
aß er auch seine Kleider, die auch aus Leder
waren. Nach einem Jahr und vier Monate waren
auch die aufgegessen, aber seine Schwester hatte
er nicht. Da kam er zu einem großen Gehöft und
ging hinein und sah eine Frau Essen kochen. Und
er bat sie um Speise. Sie gab ihm etwas in einem
alten Scherben.
Am anderen
Morgen ging er dann mit dem kleinen Sohn der
Frau aus, um die Vögel von den Getreidefeldern
zu verscheuchen, denn das Korn war fast reif.
Und er nahm Steine und warf sie nach den Vögeln.
Jedes mal, wenn er einen Stein warf, sagte er:
"Fliege weg, fliege weg, kleiner Vogel. Wie
Mweru geflogen ist und kam nicht wieder. " Und
der kleine Junge hörte zu, und als er nach Hause
kam, sagte er es heimlich seiner Mutter, was
Wagatscharaibu gesagt hatte. Aber sie hatte
nicht acht darauf. Am folgenden Tag geschah es
ebenso, am dritten Tag ging die Mutter selbst
mit und hörte, was Wagatscharaibu sagte.
Die Frau aber
hieß Mweru, und sie fragte ihn, warum er diese
Worte redete. Und er antwortete: " Ich hatte
eine Schwester, die hieß Mweru, und ich bin
viele Monate und Jahre ihr nachgezogen, aber ich
habe sie niemals wieder
gesehen."
Und die Frau
legte die Hand an die Augen und weinte, denn sie
war seine Schwester und sagte: "Bist du wirklich
mein Bruder?" Denn sie hatte ihn nicht erkannt,
so hatten die Irrfahrten ihn verändert. Und sie
fügte hinzu: "Dein Haar ist ungepflegt, und
deine Kleider sind nicht, wie sie waren, darum
habe ich dich nicht gekannt. Aber du sollst
gekleidet sein wie einstmals, und dann werde ich
sehen, ob du wirklich mein Bruder Wagatscharaibu
bist."
Und sie ging
zu ihrem Mann, demselben, der sie früher geraubt
hatte, und sie erhielt vier Schafe und drei
Ziegen. Und die Schafe wurden geschlachtet, und
Wagatschaeaibu aß das Fleisch und wurde wieder
stark und groß, und seine Schwester nahm das
Fett und pflegte sein Haar und legte es ihm auf
die Schultern. Und von den Ziegen waren zwei
schwarz und eine weiß, und sie machte davon
einen Rock, und sie nahm einen Speer und gab ihn
ihm. Das war der Speer, den ihr Mann getragen
hatte, als er sie raubte. Sie gab ihm Armbänder
von Messing und von Eisen und Beinschmuck und
Halsringe und sagte: "Nun sehe ich, dass du
wirklich mein Bruder Wagatscharaibu
bist."
Und ihr Mann
liebte ihren Bruder herzlich und gab ihm zwanzig
Ziegen und drei Ochsen. Das war viel mehr, als
der Preis für seine Schwester war. Aber er gab
es ihm aus Liebe und baute ihm eine Hütte neben
der seinen und gab ihm dreißig Ziegen, dass er
sich eine Frau kaufen konnte.
Und
Wagatscharaibu kaufte sich ein Mädchen und
führte sie in seine Hütte, und seine Ziegen
vermehrten sich sehr. Und er nahm
zehn von den Ziegen, und sein Schwager gab ihm
zwanzig dazu, und er kaufte sich eine zweite
Frau. So kehrte denn Wagatscharaibu nicht mehr
in seine alte Heimat zurück, sondern blieb da
bei seiner Schager und seiner verlorenen
Schwester.
Geschichte
von den Steppentieren und der
Ratte
(Afrika)
Es war einmal
eine Ratte, die hatte eine Kuh. Da beredeten
sich alle Tiere der Steppe, der Löwe und der
Elefant, das Flusspferd und der Leopard und auch
das Kaninchen: "Wir wollen hingehen, und uns die
Kuh ergaunern."
Und der Löwe
ging hin, um die Kuh der Ratte zu ergaunern und
traf die Ratte daheim. Der Löwe sagte: "Weißt
du, Ratte, ich bin gekommen, um dich um deine
Kuh zu betrügen." Die Ratte sagte: "Ja
natürlich, gewiss. Aber wenn du mich um meine
Kuh betrügst, dann schlage ich dich mit meinem
Stock tot." Da sagte der Löwe:
"Meinetwegen."
Dann aber
ging er zu seinen Freunden zurück und berichtete
ihnen: "Die Ratte redet vom Schlagen." Darauf
sagte der Elefant: "Dann werde ich sie
betrügen." Er ging hin und traf die Ratte zu
Hause und sagte zu ihr: "Ich komme, um dich zu
betrügen." Die Ratte erwiderte: "Wenn du mich
betrügst, dann schlage ich dich mit meinem Stock
tot." Da fürchtete sich der Elefant. Aber das
Kaninchen meinte: "Dann will ich sie betrügen."
Da sagte der Löwe und der Elefant, der Leopard
und das Flusspferd: "Sie hat uns überwunden, und
du willst sie betrügen?" Da sagte das Kaninchen:
"Jawohl, ich werde sie betrügen." Und dann
machte es sich auf.
Es traf die
Ratte zu Hause und sagte zu ihr: "Bruder meiner
Mutter, wie geht es bei der Arbeit?" Die Ratte
antwortete: "Ja, ja!" Das Kaninchen meinte: "Gib
mir einen Stock, ich will das Vieh hüten." Die
Ratte stimmte zu und gab ihm einen Stock. Das
Kaninchen hütete, bis es Nacht wurde und die
Rinder heimkamen. Sie kamen ins Haus, wo sie
hingehörten. Und die Ratte melkte die Kühe. Das
Kaninchen aber setzte sich ans Feuer und tat,
als ob es schliefe. Als die Ratte das Kaninchen
schlafen sah, weckte sie es. Das Kaninchen
wollte aber gar nicht aufwachen. Da holte die
Ratte Wasser und bespritzte es. Und das
Kaninchen fuhr auf und schlug die Ratte mit dem
Stock. Da floh die Ratte und schlüpfte ins Loch.
Das Kaninchen aber holte einen Stein, deckte das
Loch zu und führte die Kuh heraus und nahm sie
mit.
Als es nun zu
den anderen hinkam, traf es dort den Löwen und
den Elefanten, den Leoparden und das Flusspferd.
Sie sagten zu ihm: "Weißt du, Kaninchen, die Kuh
nehmen wir dir weg." – "Ja, natürlich, ihr könnt
sie behalten und euch alles Fleisch nehmen, gebt
mir nur die Blase."
Da
schlachteten sie die Kuh, zogen die Blase heraus
und gaben sie ihm. Sie selbst nahmen sich das
Fleisch. Das Kaninchen bekam nur die Blase und
ging damit fort. Als es damit draußen war, blies
es sie auf und dann holte es seinen Stock und
schlug dagegen. Als es dann dagegen geschlagen
hatte, schrie es: "Vater, ich will es nicht
wieder tun, mein Herr!" Und der Löwe, wie er so
das Kaninchen schreien hörte, da lief er mit den
anderen davon, der Löwe und der Elefant, das
Flusspferd und der Leopard. Als das Kaninchen
hörte, dass sie wegliefen, da kam es und traf
sie nicht mehr an. Es fand aber all das Fleisch.
Dann band es das Fleisch zusammen und rief sie
zurück. Und als sie kamen, zog es den Löwen
heran, ging zu einem Korbe und sagte: "Nun gehe
hin und schöpfe Wasser!"
Und der Löwe
ging auch zum Wasser. Dann holte es den
Elefanten heran und sagte: "Nun vorwärts und
spalte Steine, das gibt Brennholz zum Kochen."
Dann zog es das Flusspferd heran und sagte: "Du,
mach dich auf und hole Bambusrohr, das keine
Knoten hat, darauf wollen wir das Fleisch
aufspießen."
Als der Löwe
nun zum Wasser kam, da schöpfte er Wasser in den
Korb, aber es leckte alles hindurch. Der Elefant
wollte Steine spalten, aber die Axt zerbrach.
Das Flusspferd suchte
Bambusrohr, das keine Knoten hat, aber das war
nicht da. Als sie wiederkamen, fragte es sie:
"Wo ist denn das Wasser?" Sie sagten: "Das
Wasser haben wir geschöpft, aber es leckte
hindurch." Darauf das Kaninchen: "Und wo sind
die Steine?" – "Wir haben Steine gespalten, aber
die Axt ist zersplittert." Und es fragte weiter:
"Wo ist der Bambus?" – "Wir haben gesucht, aber
er ist nicht da." Da holte es einen Stock und
seinen Speer hervor, und verjagte sie. Das
Flusspferd verjagte es bis zum See, und es wohnt
bis heute im See. Den Löwen jagte es in die
Waldsteppe und den Elefanten jagte es in den
Wald. Das Kaninchen war es, das das Fleisch
behielt. Das ist ihre Geschichte. Wirklich, so
war es mit ihnen.
Der Löwe und
der Hase
(Afrika)
Es war einmal
ein Löwe und ein Hase, die schlossen
Freundschaft miteinander. Der Löwe sagte zu dem
Hasen: "Lass uns zu den Schwiegereltern meiner
Frau gehen!" Und weiter: "Mache für den Reiseweg
sieben Brote!" Der Hase machte sieben Brote. Der
Löwe sagte: "Morgen lass uns
aufbrechen!"
Und sie
gingen vorwärts und sahen einen Fluss. Der Löwe
sagte zu dem Hasen: "In diesem Wasser haust ein
böser Geist. Jeder, der hier vorbei kommt, muss
ihm etwas schenken. Wenn du den Geist rufen
hörst: "Bringe, bringe!" wirf ihm alle Brote ins
Wasser!" – "Ja." – "Warte auf mich, ich gehe
erst in den Busch, um meine Notdurft zu
verrichten." Aber der Löwe ging und verbarg sich
im Wasser. Der Hase sah es. Als der Hase rufen
hörte. "Bringe!" (es war der Löwe, der so rief),
las er Steine auf und warf sie ins Wasser. Der
Löwe wurde durch die Steinwürfe getroffen. Der
Löwe weinte: "Es schmerzt. Du hast mich
getroffen." Sie gingen weiter. Sie sahen Beeren.
Der Löwe sagte zu dem Hasen: "Lies die weißen
auf, die schwarzen gehören dem Besitzer des
Landes." (Er wollte, dass der Hase weiße, das
sind unreife Früchte, auflesen sollte; die
schwarzen, reifen Früchte wollte er allein
haben.) Der Löwe las auf seiner Seite die
Früchte auf und der Hase auf seiner. Der Löwe
las schwarze Früchte auf und der Hase las auch
schwarze Früchte auf. Sie gingen vorwärts. Der
Löwe sagte: "Ich will nieder sitzen." Der Hase
sagte gleichfalls: "Ich will nieder sitzen." Sie
schütteten beide schwarze Früchte aus. Nun
ärgerte es den Löwen, dass der Hase dasselbe
getan hatte wie der Löwe, nämlich schwarze
Früchte aufgelesen. In seinem Ärger wollte er
nichts essen und sagte zum Hasen: "Iss du die
Früchte allein!"
Sie gingen
weiter. Der Löwe sagte dem Hasen: "Sollte mir
nachher der Leib wehe tun, so gehe und hole mir
diese, hier wachsende Arznei!" Er wollte einen
Grund haben, um nachher den Hasen für einige
Zeit wegschicken zu können. Der Hase merkte die
Absicht des Löwen. Er dachte: "Ich nehme jetzt
schon von der Arznei mit, dann brauche ich
nachher nicht einen weiten Weg zurückzulegen",
und verabschiedete sich vom Löwen unter dem
Vorwande, seine Notdurft verrichten zu
wollen.
Er kehrte
zurück an die Stelle, wo die Arznei wuchs, und
grub. Die Arznei
bestand in Wurzelknollen, von denen er einige
nahm und unter den Gürtel seines Gewandes
verbarg. Als er zum Löwen zurückkehrte, sagte
er: "Lass uns aufbrechen!" Sie gingen, bis sie
bei den Schwiegereltern des Löwen ankamen. Dort
blieben sie.
Der Besitzer
des Hauses kochte Essen und sagte:
"Schwiegersohn, komm herein und iss!" Sie gingen
ins Haus. Der Löwe hätte gern alles allein
gegessen und wollte den Hasen entfernen. Er
sagte dem Hasen: "Ich habe Leibschmerzen, geh
und hole mir die Arznei!" Der Hase sagte: "Die
Arznei habe ich bereits geholt."
Der Löwe
ärgerte sich, dass ihm auch diese List
fehlschlug und sagte: "Iss du, ich mag nichts."
Sie blieben bis zum Abend. Den Löwen schmerzte
der Hunger. Dort, wo er schlief, war ein
Ziegenstall. Der Löwe ergriff, da er hungerte,
in der Nacht eine Ziege und fraß sie. Das sah
der Hase, als er schlafend dalag; da er ja beim
Schlafen die Augen nicht zumacht. Um den
Verdacht von sich abzuwälzen, als ob er die
Ziege geholt hätte, ging der Löwe hin, nahm ein
Stück Ziegenfleisch und band es dem Hasen, den
er schlafend glaubte, an die Hüften. Doch der
Hase merkte dies.
"Warum bindet
er es an mich? Er hat gestohlen. Ich werde das
Stück Fleisch entfernen. Ich werde es dem Löwen,
wenn er schläft, unter die Kleider binden." Als
er es sich losgebunden und dem Löwen angebunden
hatte, schlief er weiter mit dem Löwen bis zum
Morgen.
Am Morgen
ging der Besitzer des Hauses in den Ziegenstall
und sah, dass eine Ziege geholt war. Er sagte:
"Meine Gäste, ihr habt meine Ziege gegessen."
Der Hase sagte zu ihm: "Lass uns einen Fluss
suchen. Dann wollen wir über den Fluss springen.
Dabei muss jeder seine Kleider aufnehmen. Dann
wirst du sehen, wer etwas von dem Ziegenfleisch
hat."
Sie suchten
einen Fluss. Er ging zu dem im Hause zurück
gebliebenen Löwen zurück und sagte: "Lass uns
aufbrechen zum Fluss." Dort am Flusse ging der
Hase voraus und sprang über den Fluss. Er fragte
den Besitzer der Ziegen: "Was hast du bei mir
gesehen?" Der Besitzer sagte:
"Nichts!"
Dann sprang
der Löwe über den Fluss bis ans andere Ufer.
Dabei nahm er seine Kleider auf. Da wurde das
Stück Ziegenfleisch auf seinem Rücken sichtbar.
Da sagten die Leute: "Lasst uns aufbrechen, dass
wir den Löwen ergreifen!" Sie ergriffen ihn und
töteten ihn.